Der wirkliche Johannes von Pomuk

Johannes von Pomuk wurde in den 40er Jahren des 14. Jahrhunderts in Pomuk bei Pilsen geboren. Zu dieser Zeit war Pomuk ein Markt, der zum Grundbesitz des unweit liegenden Heilige Maria Stifts der Zisterzienser gehörte. Zur Zeit seiner Geburt benutzten das Kloster und der Markt sowohl die Bezeichnung Pomuk als auch Nepomuk. Erst nach den Hussitenkriegen, die für das Kloster verheerend waren, setzte sich die Bezeichnung Nepomuk durch. Deshalb finden wir ab dieser Zeit auch erstmals die Bezeichnung Johannes Nepomuk und das obwohl er sich zu Lebzeiten selbst Johannes von Pomuk nannte.

Der Vater von Johannes Nepomuk war der Ortsrichter von Pomuk, Welflin. Der Name Welflin ist eine Verkleinerungsform von Wolfgang. Das lässt darauf schließen, dass es sich beim Vater um einen Abkömmling deutscher Kolonisten aus dem 13. Jahrhundert handeln könnte. Über der Mutter von Johannes liegt leider der Schleier der Vergangenheit, man kennt weder ihren Namen noch ihre Abstammung.

In den Quellen treffen wir auf Johannes von Pomuk erstmals im Jahre 1369. Er wurde von Johann Očko von Wlašim, dem zweiten Erzbischof von Prag, zum Notar ernannt. Er war beim Generalvikar mit Sitz im Prager Erzbischöflichen Palais beschäftigt. Nach dem Tod des Erzbischofs Johann Očko von Wlašim im Jahre 1380 wurde dessen Neffe Johann von Jenstein Erzbischof und machte Johannes von Pomuk zu seinem Sekretär und zum Altaristen im St. Veits-Dom. Die Ernennung zum Altaristen war für Johannes ein wichtiger Schritt in seiner klerikalen Karriere. Im Jahre 1380 erhielt er die gut dotierte Pfarrstelle in der Galluskirche in der Altstadt von Prag.

Im Jahre 1381 entschied sich Johannes, seine klerikale Karriere in Böhmen zu unterbrechen und studierte Jura an der prestigeträchtigen Universität in Padua. Der Schutzpatron der Universität ist der hl. Antonius von Padua. Diesen Franziskanerheiligen und Johannes von Pomuk verbindet die Auffindung ihrer nicht zerstörten Zungen. An der Universität wurde er zum Rektor der transmontanen Studentenschaft ernannt, was seine außerordentlichen Fähigkeiten beweist. Johannes Nepomuk kehrte im Jahre 1397 mit dem Doktorat des Kirchenrechts zufrieden nach Hause zurück.

Der prestigereiche Doktortitel aus Padua war eine sehr gute Voraussetzung für die weitere klerikale Karriere von Johannes. Im Jahre 1387 wurde er Kanonikat an der Ägidiuskirche in Prag, im Jahre 1389 Kanonikat im Vyšehrader Kollegiatskapitel und im Jahre 1390 tauschte er seine Pfarrstelle in der Galluskirche gegen den gut dotierten Posten des Erzdiakons von Saaz. Vor allem aber wurde er vom Prager Erzbischof Johann von Jenstein zum Generalvikar ernannt und wurde dessen rechte Hand in Verwaltungsangelegenheiten.

Zwischen dem charismatischen Erzbischof Johann von Jensteim, einem Mann mit feinen Sitten und einer lyrischen Seele, und dem König Wenzel IV bzw. mit dessen Günstlingen, kommt es von beiden Seiten von Beginn an zu einer ganzen Reihe absichtlicher Gemeinheiten. Der Streit dieser starken und bedeutenden Persönlichkeiten, vereinfacht auf den Streit zwischen der weltlichen und geistlichen Macht, erreicht den Höhepunkt im Jahr 1393. Mitglieder des Hofstaats des Königs, insbesondere der königliche Unterkämmerer Zygmund Hudler, dachten sich einen Plan aus, die Macht des Erzbischofs zu schwächen. Zu diesem Zweck plante sie, das Gebiet des Erzbistums Prag durch Errichtung eines westböhmischen Bistums Kladrau zu verkleinern. Das wirtschaftliche Zentrum des neuen Bistums sollte das reiche Benediktinerkloster Kladrau werden. Man wartete nur noch auf den Tod des Kladrauer Abtes Racek. Dieser starb Anfang 1393, aber der Erzbischof reagierte prompt und bestätigte die Wahl des Mönches Olena zum neuen Abt. Nach Vorlage des Wahlbriefs bestätigte der erzbischöfliche Generalvikar Johannes von Pomuk am 10. März 1393 diese Wahl sehr zügig innerhalb von nur drei Tagen. König Wenzel IV. war im höchsten Maße erzürnt und soll im Zorn erklärt haben, dass er den Erzbischof und dessen Helfer ertränken lassen wolle. Die Situation sollte sich beim Treffen König Wenzel IV. und dem Erzbischof Johann von Jenstein in der Komturei des Johanniter Ritterorden in Prag beruhigen und klären. Obwohl das Treffen bereits in den frühen Morgenstunden stattfand, soll der König im angetrunkenen Zustand gewesen sein. Öl ins Feuer goss die Abwesenheit des diplomatischen Geschicks des Erzbischof Johann von Jenstein und dies führte zu einem Riesenstreit. Dieser endete mit dem Befehl des Königs, den Erzbischof und vier seiner Mitarbeiter gefangen zu nehmen. Unter bis heute unerklärlichen Umständen gelang es aber dem Erzbischof zu entkommen, woraufhin sich der Zorn des Königs erhöhte, was den restlichen Gefangenen schadete. Außer dem Generalvikar Jan von Pomuk handelte es sich dabei um den Offizial Nikolaus Puchník von Černice, den Meißner Propst Vaclav Knobloch und den Ritter Nepra von Roupov, dem Hofmeister des Erzbischofs.

Nikolaus Puchník und Jan von Pomuk wurden in die Folterkammer im Altstädter Gericht (heute Haus an der Ecke Rytířské und Na můstku) gebracht. Ihr „Vergehen“ gegen den König war nicht nur die Bestätigung des neuen Abtes des Benediktinerkloster Kladrau, sondern auch die Vorladung des Günstlings des Königs Zygmund Hudler vor das erzbischöfliche Gericht, welche Puchnik und Pomuk ausformuliert hatten.

Der König wollte durch die peinliche Befragung (Folter), an der er sich angeblich beteiligte, nicht nur die näheren Umstände der vorgeworfenen Vergehen, aber auch die weiteren Pläne des Erzbischofes gegen seine Person erfahren. Dem Johannes und Nikolaus wurden beide Arme ausgerenkt, mit Fackeln wurden sie in die Hüften und Leisten gestochen. Johannes von Pomuk wurden die Daumenschrauben angelegt. Als der König glaubte, alles Wissenswerte erfahren zu haben, ließ er die Folter einstellen.

Puchník, Pomuk und der von der Folterung verschonte Knobloch sollten vor einem Notar einen Eid ablegen, dass sie niemals darüber sprechen würden, was sie wegen des Königs erleiden mussten. Diesen Eid konnte aber Johann von Pomuk nicht mehr ablegen, denn als er von den Folterinstrumenten abgenommen wurde, war er ohnmächtig und verstarb kurz darauf. Die Todesursache war wahrscheinlich ein Schädelbruch mit anschließender Gehirnblutung, die er durch Tritte gegen den Kopf erlitten hatte. Soldaten des Königs trugen den Leichnam des Johannes zur Karlsbrücke und warfen diese in die kalte Moldau. Man schrieb den 20. März 1393, halb neun abends.