Jan Nepomuk - Brückenbauer zwischen Deutschen und Tschechen

Kein anderer Heiliger erfreut sich einer solchen Beliebtheit und Verehrung gleichermaßen bei Tschechen, Deutschen und Österreichern, als Johannes Nepomuk. Jan von Pomuk sprach deutsch und tschechisch. Sein Vater war der Ortsrichter von Pomuk, Welflin oder Wolflin, was eine Verkleinerungsform von Wolfgang ist. Das lässt drauf schließen, dass es sich beim Vater um einen Abkömmling deutscher Kolonisten aus dem 13. Jahrhundert handeln könnte, die sich in großer Anzahl in der Nähe von tschechischen Klöstern ansiedelten. Nach seinem Vater wird der Heilige in manchen Quellen auch Johann Welflin genannt.

Der Nepomukkult begann sich nach seiner Seligsprechung im Jahre 1729 stark auszubreiten. Aber schon ein paar Jahre nach dem Tod des Johannes von Nepomuk schrieb der Saganer Abt Ludolf in seinem Traktat über das große Schisma, dass Jan von den Deutschen und Tschechen geliebt wird. Der deutsche Historiker Karl Adolf Constantin Ritter von Hoefler (1811-1897), der Antipode von František Palacký, kam auf Grund dieser Aussage zu der These, dass, wenn Jan von Pomuk länger gelebt hätte, dieser auf Grund seiner Autorität die Streitigkeiten zwischen Deutschen und Tschechen hätte glätten können. So endeten diese aber letztendlich in den blutigen hussitischen Schlächtereien. Die österreichischen und böhmischen Kronländer der Habsburger Monarchie waren zum Zeitpunkt des Hochbarocks, also Mitte des 18. Jahrhunderts, fasziniert von der Persönlichkeit des Johannes Nepomuk.

Der Wiener Bischof Sigismund von Kollonitsch (1677-1720) berichtete im Jahre 1720 dem Papst Klement XI., dass es in seiner Diözese keinen einzige Kirche, Kapelle oder Straße gebe, in der nicht eine Nepomukstatue oder sein Abbild stehe. Der Heilige Johannes Nepomuk hatte es geschafft, in den elitären Kreis der Heiligen, die zu der persönlichen Frömmigkeit der Habsburger Dynastie gehörten - die sogenannte Pieta Austriaca - aufgenommen zu werden.

In den katholischen Gebieten Deutschlands war die Verehrung des Johannes Nepomuks in Bayern am größten, wo er zu einem der Landespatronen wurde. Als Symbol der Nepomuk-Verehrung kann man die wunderschöne Asamkirche (offiziell St.-Johann-Nepomuk-Kirche) in München betrachten. Sie wurde nach den Erbauern, den Gebrüdern Egid Quirin (1692-1750) und Cosmas Damian Asam (1686-1739) benannt, welche die Kirche aus eignen Mittel in den Jahren 1733-1746 errichteten. Die Gebrüder, hervorragende Bildhauer, Maler und Stuckateure, schufen laut der Aussage von Kunsthistorikern eine der schönsten Innenausstattungen einer Kirche Bayerns. Die Beliebtheit Nepomuks zeigt sich auch darin, dass ihn die Stadt Passau als seinen Schutzpatron gegen Überschwemmungen, die dort sehr häufig sind, verehrt.

Neben Bayern war der Nepomukkult auch in Westfalen, Baden und Württemberg sehr stark verbreitet. Die Stadt Konstanz, historisch verbunden mit dem Konzil zum päpstlichen Schisma, schmückt zum Beispiel schon seit dem Jahre 1709 eine Nepomukstatue. In Konstanz war auch der Sitz der großen Heilige-Johannes-Bruderschaft. Noch vor der Heiligsprechung Johannes Nepomuks verbreitet das Adelsgeschlecht der von Kaunitz dessen Verehrung in Westfalen.

Johannes Nepomuk erlangte auch eine große Beliebtheit in Polen, Frankreich, Spanien und beondersin Italien, wo sie ihn Santo del Ponto, den Brückenheiligen, nennen. Er ist auch der Zweitheilige von Venedig. Als Beschützer des Beichtgeheimnisses kennt man ihn aber auch in wesentlich exotischeren Ecken der Welt. Dank der jesuitischen Mission bitten auch Gläubige aus China, Japan, den Philippinen und Malaysia den Heiligen Johannes Nepomuk um Hilfe.

Der Heilige Johannes Nepomuk ist ein Beweis dafür, dass - ob das beide Völker nun anerkennen wollen oder nicht - Deutsche und Tschechen eine mindestens sieben Jahrhunderte dauernde Geschichte verbindet, in der es sehr viele positive Momente gab. Dieses Zusammenleben hat beide Völker bereichert und es wäre sehr schade, wenn man darauf nur durch das Prisma des 2. Weltkrieges und der Folgezeit schauen würde. Es ist eine großartige Parallele, dass der „Brückenheilige“ heute noch Brücken baut und dass nicht nur tatsächliche, sondern auch geistige Brücken so zur Versöhnung von Deutschen und Tschechen beitragen können.